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Auktionsarchiv: Los-Nr. 63

Theodor W. Adorno

Auktion 445
22.05.2017
Schätzpreis
5.000 €
ca. 5.528 $
Zuschlagspreis:
4.800 €
ca. 5.307 $
Auktionsarchiv: Los-Nr. 63

Theodor W. Adorno

Auktion 445
22.05.2017
Schätzpreis
5.000 €
ca. 5.528 $
Zuschlagspreis:
4.800 €
ca. 5.307 $
Beschreibung:

Adorno, Theodor Wiesengrund (1903-1969) Sammlung von 14 Autographen, jeweils mit Unterschrift: 1 eigenhändiger Brief, 10 maschinenschriftliche Briefe (davon 2 mit eigh. Postscriptum und 3 mit eigh. Umschlag) sowie 3 eigenhändige Postkarten. Wippenbach, Frankfurt und Beverly Hills, 21. April 1921 bis 2. Dezember 1958. Zus. ca. 20 Seiten. Meist 4to. Bedeutende Brieffolge an seinen Freund und frühen Mentor, den Lehrer und Dichter Reinhold Zickel, sowie - nach Zickels Tod 1953 - an dessen Ehefrau Leonore. Zickels Einfluß auf Adornos frühe intellektuelle Entwicklung ist kaum zu überschätzen: Bereits als zehnjähriger Junge bekam der hochbegabte Adorno Privatstunden bei seinem Deutschlehrer Zickel, später schätzte der Lehrer den Schüler als scharfsinnigen Gesprächspartner, er vermittelte dem jungen Studenten einen hohen Begriff von der Poesie und ermunterte ihn zu eigenen Dichtversuchen. - Die vorliegende Sammlung enthält einen langen, auch biographisch bedeutenden Brief des 18jährigen Adorno an Zickel, in dem der Frühreife mit lauter musikalischen und literarischen Projekten schwanger geht (darunter ein Liederzyklus, Essays über Wedekind, Richard Strauss und Bruckner), drei engbeschriebene Ansichtskarten aus den folgenden Jahren sowie einen umfassenden maschinenschriftlichen Brief von 1950, in dem Adorno über sein Schicksal und seinen Werdegang des vergangenen Jahrzehnts berichtet (die Verbindung war Anfang der 30er Jahre abgebrochen). Die übrigen, teils inhaltsreichen Schreiben aus den Jahren 1953-58 sind alle an Zickels Ehefrau Leonore gerichtet. Einige Auszüge: "Hier bin ich zum ersten Male für längere Zeit mir selbst überlassen, ferne von der Obhut meiner Mutter und Tante; und ich finde mich trefflich dabei zurecht (..) Als wir im Oktober vorigen Jahres unsere fränkische Reise machten, ging mir mit einem Male recht beschämend auf, daß ich in den siebzehn ersten Jahren meines Lebens mit halb geschlossenen Augen durch die äussere Welt ging und dann wohl gar die Röte über meinen Augen für Weltbrand ansah (..) Ich muß Dinge, die jeder Bauernbub im Blut hat, in mich bewußt hineinleiten und transformieren in die Bedingtheit meines Wesens. Ich habe darüber den Mut nicht verloren. Ich weiß, daß, wenn man einmal bewußt in dieser Richtung eingesetzt hat, bald auch heimlich Träume aus dem Innern entgegenströmen und ans Licht finden (..) Natürlich kann ich auf Geistiges nicht verzichten. Es traf sich, daß gerade wie ich hierher kam, unvermittelt der Drang zur Produktion über mich kam: ich habe im März drei Tage einen größeren Zyclus (..) Lieder geschrieben: Wie, weiß ich heute noch nicht, ich war in halbem Fieber, ich fing einmal um sieben Uhr morgens an und hörte - mit ganz kurzen Unterbrechungen - um zehn des Abends auf. Ich glaube, daß die Lieder gelungen sind und auch Ihnen etwas sagen werden" (21. April 1921) "Es ist mir und meiner Familie das Äußerste erspart geblieben, und ich habe darüber hinaus das Glück gehabt, an meinen Dingen fast ohne Konzession an den Betrieb der Selbsterhaltung weiterarbeiten zu können. Aber ich empfinde die Tatsache, daß ich überlebt habe, als ganz zufällig, wie denn inmitten des allgemeinen Unheils privates Geborgensein undenkbar ist. Walter Benjamin hat sich 1940 auf der Flucht vor den Schergen das Leben genommen, und in dem Verlust hat sich für mich alles verdichtet, was an Entsetzen geschah." Adorno hofft auf ein baldiges Wiedersehen, um grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten (Zickel sympathisierte mit dem Nationalsozialismus) zu bereden. "Für mich wäre es außerordentlich wichtig, nicht bloß um der alten Freundschaft willen, sondern weil ich versuchen möchte, an der Entwicklung eines Menschen, der in der meinen so Entscheidendes bedeutet hat, zu verstehen, wie möglich ward, was sich doch nicht begreifen läßt" (27. April 1950). "Laß mich Dir heute nichts anderes sagen, als daß ich, vom Elternhaus abgesehen, keinem Menschen mehr für meine Entwicklung in den entscheidenden Jahren verdanke als Reinhold (..

Auktionsarchiv: Los-Nr. 63
Auktion:
Datum:
22.05.2017
Auktionshaus:
Ketterer Kunst GmbH & Co. KG
Joseph-Wild-Str. 18
81829 München
Deutschland
info@kettererkunst.de
+49 (0)89 552440
+49 (0)89 55244166
Beschreibung:

Adorno, Theodor Wiesengrund (1903-1969) Sammlung von 14 Autographen, jeweils mit Unterschrift: 1 eigenhändiger Brief, 10 maschinenschriftliche Briefe (davon 2 mit eigh. Postscriptum und 3 mit eigh. Umschlag) sowie 3 eigenhändige Postkarten. Wippenbach, Frankfurt und Beverly Hills, 21. April 1921 bis 2. Dezember 1958. Zus. ca. 20 Seiten. Meist 4to. Bedeutende Brieffolge an seinen Freund und frühen Mentor, den Lehrer und Dichter Reinhold Zickel, sowie - nach Zickels Tod 1953 - an dessen Ehefrau Leonore. Zickels Einfluß auf Adornos frühe intellektuelle Entwicklung ist kaum zu überschätzen: Bereits als zehnjähriger Junge bekam der hochbegabte Adorno Privatstunden bei seinem Deutschlehrer Zickel, später schätzte der Lehrer den Schüler als scharfsinnigen Gesprächspartner, er vermittelte dem jungen Studenten einen hohen Begriff von der Poesie und ermunterte ihn zu eigenen Dichtversuchen. - Die vorliegende Sammlung enthält einen langen, auch biographisch bedeutenden Brief des 18jährigen Adorno an Zickel, in dem der Frühreife mit lauter musikalischen und literarischen Projekten schwanger geht (darunter ein Liederzyklus, Essays über Wedekind, Richard Strauss und Bruckner), drei engbeschriebene Ansichtskarten aus den folgenden Jahren sowie einen umfassenden maschinenschriftlichen Brief von 1950, in dem Adorno über sein Schicksal und seinen Werdegang des vergangenen Jahrzehnts berichtet (die Verbindung war Anfang der 30er Jahre abgebrochen). Die übrigen, teils inhaltsreichen Schreiben aus den Jahren 1953-58 sind alle an Zickels Ehefrau Leonore gerichtet. Einige Auszüge: "Hier bin ich zum ersten Male für längere Zeit mir selbst überlassen, ferne von der Obhut meiner Mutter und Tante; und ich finde mich trefflich dabei zurecht (..) Als wir im Oktober vorigen Jahres unsere fränkische Reise machten, ging mir mit einem Male recht beschämend auf, daß ich in den siebzehn ersten Jahren meines Lebens mit halb geschlossenen Augen durch die äussere Welt ging und dann wohl gar die Röte über meinen Augen für Weltbrand ansah (..) Ich muß Dinge, die jeder Bauernbub im Blut hat, in mich bewußt hineinleiten und transformieren in die Bedingtheit meines Wesens. Ich habe darüber den Mut nicht verloren. Ich weiß, daß, wenn man einmal bewußt in dieser Richtung eingesetzt hat, bald auch heimlich Träume aus dem Innern entgegenströmen und ans Licht finden (..) Natürlich kann ich auf Geistiges nicht verzichten. Es traf sich, daß gerade wie ich hierher kam, unvermittelt der Drang zur Produktion über mich kam: ich habe im März drei Tage einen größeren Zyclus (..) Lieder geschrieben: Wie, weiß ich heute noch nicht, ich war in halbem Fieber, ich fing einmal um sieben Uhr morgens an und hörte - mit ganz kurzen Unterbrechungen - um zehn des Abends auf. Ich glaube, daß die Lieder gelungen sind und auch Ihnen etwas sagen werden" (21. April 1921) "Es ist mir und meiner Familie das Äußerste erspart geblieben, und ich habe darüber hinaus das Glück gehabt, an meinen Dingen fast ohne Konzession an den Betrieb der Selbsterhaltung weiterarbeiten zu können. Aber ich empfinde die Tatsache, daß ich überlebt habe, als ganz zufällig, wie denn inmitten des allgemeinen Unheils privates Geborgensein undenkbar ist. Walter Benjamin hat sich 1940 auf der Flucht vor den Schergen das Leben genommen, und in dem Verlust hat sich für mich alles verdichtet, was an Entsetzen geschah." Adorno hofft auf ein baldiges Wiedersehen, um grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten (Zickel sympathisierte mit dem Nationalsozialismus) zu bereden. "Für mich wäre es außerordentlich wichtig, nicht bloß um der alten Freundschaft willen, sondern weil ich versuchen möchte, an der Entwicklung eines Menschen, der in der meinen so Entscheidendes bedeutet hat, zu verstehen, wie möglich ward, was sich doch nicht begreifen läßt" (27. April 1950). "Laß mich Dir heute nichts anderes sagen, als daß ich, vom Elternhaus abgesehen, keinem Menschen mehr für meine Entwicklung in den entscheidenden Jahren verdanke als Reinhold (..

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Datum:
22.05.2017
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